Donnerstag, 17. Juni 2010

Montag 14. Juni 2010: Gagra II, Adler, Krasnaya Polyana, Adler Flughafen (168 km)

Ade Paradies. An eine Felswand, aus der an verschiedenen Stellen Wasser läuft, haben die Leute Hunderte bunter Schleifchen geknotet. In Gagra wechsle ich noch meine restlichen Euroscheine in Rubel in der einzigen Bank, der Bankomat funktioniert ja wie gesagt nur mit russischen Karten. Zähle nach ... offenbar hat der blonde Engel von der "Medregistratura", der mir am Samstag aus der Privatgeldbörse 50 Euro gewechselt hatte, ein paar Euro draufgezahlt, der tatsächliche Kurs ist viel ungünstiger! Ich habe Glück, sie arbeitet auch am Montag. Sie lacht nur und will ihr Geld zuerst eigentlich gar nicht zurückhaben. Dann zufälliges Wiedersehen mit dem Mann, der am Freitag extra nochmal zurückgefahren war, um mir sein Werkzeug zum Reifenflicken zu leihen. Juhu, ich gehe in Abchasien auf die Straße und treffe "alte Bekannte"! Der "Kontinent" Supermarkt hat eine Riesen-Auswahl. Gagra ist für mich von allen Schwarzmeer-Urlaubsorten, die ich gesehen habe, auch landschaftlich der spektakulärste. Der Fürst von Oldenburg, ein Schwager des letzten russischen Zaren Nikolaus II., wollte hier ab 1901 ein russisches Monte Carlo errichten, um den Abfluss von russischem Geld ins Ausland zu stoppen. Nur vereinzelt sieht man in Gagra noch Kriegsruinen. Ansonsten überbordende Pflanzenpracht.
Gagra
Ein Pfau läuft hier frei herum
Überbordende Pflanzenpracht
Fürst von Oldenburg mit Schwester des letzten Russischen Zaren
Zwei Verkehrspolizisten streiten sich, wer ihre gemeinsame Mütze auf dem Foto tragen darf.
Wer darf die Mütze tragen?
Eisenbahn auf abchasisch
An der Grenze zu Russland am Fluss Psou werde ich gefragt, woher des Weges. Wahrheitsgemäß erwähne ich meinen Abchasien-Transit. Stirnrunzeln. Werde in ein Kabuff geführt, wo ein wichtig aussehender Mann zum Telefon greift, ich soll aber draußen warten. Er kommt heraus (hat er wirklich telefoniert?), ist OK. Kurz dahinter beim nächsten von gefühlten sieben Kontrollen wieder skeptischer Blick, wir stiefeln gemeinsam zum Telefon-Mann. Nochmal generöses Kopfnicken. Mein Pass wird übrigens nicht abgestempelt, nur der Einreisezettel. Es ist brüllheiß und eng.

Direkt hinter der Grenze funkt es kurz: die 2010er Tour ist mit 2009 verbunden, bis hierher bin ich letztes Jahr gekommen. Insgesamt also jetzt von daheim in Niederbayern bis Baku ohne Schummeln abgeradelt (die 200 Meter auf dem Pferd in Aserbaidschan hat niemand gesehen). Und gleich kommt auch 2009er Urlaubsfeeling auf: nix wie Baustellen und Lastwägen hier, der Wahnsinn! Wie angenehm war doch das bisschen Verkehr in Abchasien. Ich quetsche das letzte aus der Tour heraus: einen Abstecher nach Krasnaya Polyana, den Austragungsort der Olympischen Winterspiele 2014. Der Ort liegt nur auf 600 Meter und war früher angeblich über eine malerische Straße zu erreichen. Was sich aber mittlerweile dem Auge bietet, ist: eine einzige Großbaustelle. Ganz im Ernst, es ist ein Desaster, von Natur kann keine Rede mehr sein. Vom Flusstal ist nicht mehr viel zu sehen, man möchte schreien vor Verzweiflung. Das würde aber zumindest in den zahlreichen Tunnels niemand hören, dort herrscht ohrenbetäubender Lärm.
Adler, Russland: Bauarbeiter überall
Straße nach Krasnaya Polyana: nur bedingt angenehm
Das war einmal ein Fluss
Ankunft in Krasnaya Polyana
Abflug in Adler ist wieder um 5 h morgens, nach einer langen Nacht am Strand, der irgendwie Schießbuden-Flair hat. Die Restaurierungsarbeiten sind sichtlich vorangegangen, letztes Jahr standen hier noch viel mehr abbruchreife Häuser herum. Es gibt einen klaren Männer-Überschuss, in der Stadt wird Tag und Nacht wie wild gebaut. Bei der Fahrt zum Flughafen muss man aufpassen, nicht betrunken in irgendein schattiges Baustellen-Loch zu fallen. Die Fahrrad-Gebühr-Frage am Flughafen ist wieder mal unklar, ich soll zuerst 70 Euro zahlen. Zum Glück wird meine Mail, die sagt, das Fahrrad geht kostenlos mit, wenn es unter 15 kg wiegt, von den netten Austrian Airlines Mitarbeitern ernst genommen und nicht, wie von der unsäglichen Lufthansa Dame am Zürcher Flughafen, für einen Scherz gehalten. Ich zahle nix, nicht einmal die 10 Euro Ticket Service Gebühr, was für mich OK gewesen wäre. Danke Austrian Airlines. Bei der Passkontrolle gibt es nochmal irgendein Problem. Ich werde herausgewunken, es wird jemand geholt, sie diskutieren kurz. Jemand schreibt eine "2" auf mein Visum, und schließlich darf ich durch.


Regen in Zürich. Selbst Kebab "Black Sea" zwischen Flughafen und Stadt lässt keine Urlaubsstimmung aufkommen. Der härteste Teil der Tour beginnt erst jetzt.